1. Enthält ein VOB-Vertrag die Regelung, dass Sicherheit durch Stellung von Bürgschaften zu leisten ist, wird dadurch die Verpflichtung des Auftraggebers zur Einzahlung des Sicherheitsbetrages auf ein Sperrkonto nicht abbedungen.
2. Wird dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Einzahlung des Sicherheitseinbehaltes auf ein Sperrkonto gesetzt und lässt er diese Frist fruchtlos verstreichen, verliert er sein Recht auf Sicherheit.
3. Hat der Auftraggeber sein Recht auf Sicherheit verloren, kann er sich gegenüber dem Auszahlungsanspruch des Auftragnehmers nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen vermeintlich bestehender Mängel berufen.
Das Landgericht München I., Urteil vom 14.04.2015, Aktenzeichen 24 O 24859/13, verurteilt den Auftraggeber zur sofortigen Zahlung des Sicherungseinbehaltes an den Generalunternehmer! Der Generalunternehmer-Vertrag enthält keine objektiven Anhaltspunkte dahingehend, dass die Verpflichtung zur Zahlung auf ein Sperrkonto gem. § 17 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B abbedungen werden sollte. Nach dem fruchtlosen Verstreichen der Frist zur Einzahlung des Sicherungseinbehaltes auf ein Sperrkonto auf der Auftraggeber das Recht auf Sicherheit verloren. Der Auftraggeber kann sich gegenüber dem Auszahlungsanspruch des Generalunternehmers aus § 17 Abs. 6 Nr. 3 Satz 2 VOB/B auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Baumängeln berufen. Der Auftraggeber, der gegen die Vorschrift des § 17 Abs. 6 Nr. 3 VOB/B verstößt, verhält sich in doppelter Weise vertragsbrüchig. Zum einem hat er den vorgenommenen Gewährleistungseinbehalt nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt, zum anderen hat er die ihm gesetzte Nachfrist fruchtlos verstreichen lassen. Die Vorschrift des § 17 Abs. 6 Nr. 3 Satz 2 VOB/B soll ein derartiges Verhalten sanktionieren. Der Sanktionscharakter dieser Regelung lässt sich auch daraus entnehmen, dass der Auftragnehmer fortan keine Sicherheit mehr zu leisten braucht. Dem Strafzweck würde es jedoch entgegenstehen, wenn der Auftraggeber gegen den „sofortigen“ Auszahlungsanspruch des Auftragsnehmers Zurückbehaltungsrechte geltend machen könnte. Dies gilt unabhängig davon, ob Mängelbeseitigungsansprüche des Auftraggebers bereits bestehen. Der Auftraggeber müsste sonst aufgrund der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts den zunächst als Gewährleistungssicherheit einbehaltenen Betrag nicht an den Auftragnehmer auszahlen, was dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 6 Nr. 3 Satz 2 VOB/B widersprechen würde.
Quelle: IBR Januar 2015 – Bausicherheiten
Zusammengefasst von Rechtsanwalt Dr. Janis Heiliger, Düsseldorf
Bei Fragen steht Ihnen Rechtsanwältin Silvia Drach, Fachanwältin im Bau- und Architektenrecht gern zur Verfügung.