Ja, das geht, bestätigt auch das Oberlandesgericht Köln in seiner Entscheidung vom 19.07.2018 zum Aktenzeichen: 2 Wx 261/18.
Im zugrunde liegenden Falle hatte der Erblasser, der keine eigenen Kinder hatte, per Testament seine Stieftochter zu seiner Alleinerbin eingesetzt.
Das Testament hatte der Erblasser in einer Küchenschublade aufbewahrt. Nach Eintritt des Erbfalles wurde zwar der Umschlag zum Testament gefunden, das Testament selbst war jedoch nicht auffindbar.
Das Oberlandesgericht Köln entschied im vorliegenden Falle:
„Ein nicht mehr vorhandenes Testament ist nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig. Vielmehr können Form und Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden. Es besteht im Fall der Unauffindbarkeit eines Testaments auch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet worden und deshalb gemäß § 2255 BGB als widerrufen anzusehen ist.“
(OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2018, 2 Wx 261/18, Orientierungssatz, -zitiert nach juris-)
Die Stieftochter des Erblassers konnte anhand von Zeugen, die bei der Errichtung des Testamentes dabei gewesen waren, Form und Inhalt des unauffindbaren Testamentes beweisen.
Da die sonst berufenen gesetzlichen Erben demgegenüber eine Vernichtung oder einen Widerruf dieses Testamentes nicht beweisen konnten, wurde letztlich die Stieftochter als testamentarische Erbin des Erblassers festgestellt.
Wir beraten Sie gern!
Kerstin Clemens
Fachanwältin für Erbrecht
Anwaltskanzlei Drach & Drach