Die DDR-Garage ist etwas wert!

Gedanken zu den von der Stadtverwaltung Bautzen zum 31.12.2022 beabsichtigten Kündigungen der Nutzung von Grund- und Boden für die Eigentumsgarage mit folgender Umwandlung in ein Mietverhältnis

Was nach dem heutigen Recht unmöglich ist, war im Rechtssystem der Deutschen Demokratischen Republik fest verankert – Eigentum an Grundstücken und Gebäuden konnten auseinanderfallen. Grundlage hierfür waren regelmäßig Nutzungsverträge über die Grundstücke gemäß den §§ 312 bis 315 des Zivilgesetzbuchs der DDR. Dem Nutzer wurde die Errichtung einer Garage ermöglicht und er konnte Eigentum an dieser erlangen, als sei die Garage eine bewegliche Sache. Das Eigentum am Grundstück blieb – bis auf die Tatsache, dass nun das Gebäude einer anderen Person darauf stand – unberührt. Freilich konnten auch mehrere Garagen unterschiedlicher Personen auf einem Grundstück errichtet werden und die Nutzer bildeten eine Garagengemeinschaft. Wegen derartiger Kollisionen mit der Dogmatik des Bürgerlichen Gesetzbuches wurden infolge der Wiedervereinigung unter anderem in den Art. 230 ff. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch sowie dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz und dem Schuldrechtsanpassungsgesetz Übergangsregelungen geschaffen. So können unter Umständen heute noch Eigentum am Grundstück und an der „Garage aus DDR-Zeiten“ auseinanderfallen. Diese Konstellationen werden mit einigen Ausnahmen nach dem heute geltenden Miet- und Pachtrecht des BGB abgewickelt.

Eine dieser Ausnahmen läuft zum Ende des Jahres 2022 ab. Nach der Übergangsregelung gemäß § 15 Schuldrechtanpassungsgesetz ist der Nutzer (und Eigentümer der Garage) bei Vertragsbeendigung nicht zur Beseitigung des Gebäudes verpflichtet, muss sich jedoch an den Kosten der Beseitigung hälftig beteiligen, wenn der Grundstückseigentümer die Garage binnen eines Jahres nach der Vertragsbeendigung beseitigt. Der Nutzer hatte das Recht – nicht jedoch die Pflicht – das Gebäude selbst zu beseitigen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber wegen der Verwendung gesundheitsschädlicher Baumaterialien mit erheblichen Kosten für Abriss und Entsorgung rechnete. Dem Nutzer der Garage diese Kosten komplett aufzuerlegen, sah der Gesetzgeber als unverhältnismäßig an.

Diese Ausnahmeregelung läuft zum 31.12.2022 ab.

Danach ist der Nutzer bei Vertragsbeendigung – wie es § 546 BGB für „normale“ Fälle vorsieht – zur Rückgabe des Grundstückes gemäß der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet. Die sah im Regelfall eine Freifläche vor und die Garage wurde erst nach Abschluss der Vereinbarung gebaut. Damit ist der Nutzer der „DDR-Garage“ ab dem Jahr 2023 bei Vertragsbeendigung grundsätzlich (es kann auch Ausnahmen geben) zur Beseitigung auf eigene Kosten verpflichtet.

Für die Zeit ab 01.01.2023 hilft das Schuldrechtsanpassungsgesetz nicht mehr.

Kündigt der Grundstückseigentümer zum 31.12.2022, gilt ab 01.01.2023 allein das BGB. Nach § 985 BGB kann der Eigentümer (des Grundstücks) von dessen Besitzer (dem gekündigten Nutzer) die Herausgabe verlangen. Sehr viel spricht dafür, dass der Grundstückseigentümer dann die vollständige Räumung, also den Abriss des Gebäudes analog § 546 BGB (einer Vorschrift aus dem Mietrecht) fordern kann. Mit dem Abriß kann aber für Grundstückseigentümer der Verlust des Baurechts einher gehen.

Wird die Garage nicht abgerissen, sondern – wie die Stadtverwaltung Bautzen dies kund tat – weiter als Mietobjekt genutzt, stellt sich die Frage, inwieweit der Nutzer einen Wertersatz erhält, eventuell als Ersatz für sogenannte nützliche Verwendungen (§ 996 BGB) oder ob das Schuldrechtsanpassungsgesetz in analoger Anwendung über den 31.12.2022 gilt. Hier sind die Gerichte gefordert.

Der Garagenbesitzer könnte, insbesonders wenn er verkehrsrechtschutzversichert ist, taktieren:

Wenn der Nutzer selbst vor dem 31.12.2022 kündigt, kann er eine Entschädigung für die von ihm rechtmäßig errichtete Garage nach der Differenzmethode fordern.

Trägt sich der Nutzer sowieso mit dem Gedanken, das Objekt aufzugeben, ist es für ihn unter Umständen sinnvoll, selbst bis zum 31.12.2022 zu kündigen, um den Ersatz für die Werterhöhung zu erhalten.

Wird die Garage nicht abgerissen, muss der Grundstückseigentümer diejenige Werterhöhung zahlen, die sein Grundstück durch das aufstehende Gebäude hat, es gilt also:

„Grundstückswert mit Gebäude“ abzüglich „Grundstückswert ohne Gebäude“ gleich „Wert der Entschädigung“.

So entschied das Landgericht Zwickau im Urteil vom 12.12.2008 zu Aktenzeichen 6 S 123/08:
Durch die weitere Garagennutzung erfolgt eine Wertsteigerung des Grundstückes.

Gern beraten wir Sie.

Rechtsanwalt Karl-Heinz Drach
ADAC-Vertragsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht