Künstliche Intelligenz (Kl) ist in aller Munde. Die Technologie hat in den letzten Jahren
enorme Fortschritte gemacht und wird in immer mehr Bereichen des täglichen Lebens
eingesetzt, Z.B. in der Spracherkennung, Bild- und Textverarbeitung, Robotik oder beim
Autonomen Fahren.
Eine der bekanntesten Kl-Anwendungen ist Chat GPT. Laut Selbstauskunft kann das Sprachmodell eine Vielzahl an Aufgaben im Zusammenhang mit natürlicher Sprachverarbeitung ausführen. Hierzu zählen u.a. die Beantwortung von Fragen oder das Übersetzen von Texten. Wir haben Chat GPT gefragt, ob es auch Bauverträge prüfen kann und erhielten folgende Antwort:
„Ich kann helfen, Verträge zu prüfen, indem ich die Bedingungen, Klauseln und rechtlichen Begriffe in dem Vertrag identifiziere und daraufhin überprüfe, ob sie rechtlich korrekt sind.“
Eine selbstbewusste Antwort, die wir auf den Prüfstand stellen. Wir haben Chat GPT vier Vertragsklauseln vorgelegt.
Das ist das Ergebnis:
Klausel 1: fehlender verbindlicher Termin für Bauausführung
Nach Vorliegen der Voraussetzungen sowie der durch den/die Bauherren zu schaffenden
Baufreiheit auf dem Bauplatz, beginnt der Bauunternehmer zum nächstmöglichen Termin
mit der Bauausführung.
Chat GPT: Die Klausel scheint fair und angemessen zu sein, da der Bauunternehmer nicht mit dem Bau beginnen kann, wenn der Bauplatz nicht bereit ist oder die erforderlichen Genehmigungen nicht vorliegen. Es wäre jedoch wichtig, die Klausel im Zusammenhang mit anderen Vertragsbedingungen zu prüfen, um sicherzustellen, dass sie nicht zu unfairen Bedingungen für den Bauherrn führt. Zum Beispiel sollten klare Fristen für die Schaffung der Baufreiheit festgelegt werden, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden.
BSB: Ghat GPT beurteilt diese Regelung laienhaft. Die Klausel liest sich nachvollziehbar und fair. In Wirklichkeit ist sie jedoch unwirksam und zu unterlassen. Die Formulierung informiert den Bauherren nicht wie vorgeschrieben verbindlich über einen Fertigstellungszeitpunkt oder über die Dauer der Bauausführung. Gerade die genaue Ermittlung des Fertigstellungszeitpunkts ist wichtig,
um später feststellen zu können, wann die verträgliche Bauzeit überschritten ist. Daran hängt, ob z.B. Schadenersatzansprüche aufgrund zusätzlicher Mietkosten geltend gemacht werden können.
Klausel 2: Ausnahmeregelung Gewährleistungszeit
Ausgenommen sind Anstriche, elastische Fugen, bewegliche Bauteile sowie Einbauteile, die einem natürlichen Verschleiß unterliegen. Hier gilt eine Gewährleistungszeit von 2 Jahren, bei nachweislich regelmäßiger Pflege/Wartung.
Chat GPT:Diese Klausel scheint angemessen zu sein, da Anstriche, elastische Fugen, bewegliche Bauteile und Einbauteile, die einem natürlichen Verschleiß unterliegen, aufgrund ihrer Natur eher anfällig für Abnutzung sind.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Klausel klar definiert, welche Bauteile ausgeschlossen sind und welche von der Gewährleistung abgedeckt sind. Es ist auch wichtig zu überprüfen, wie „regelmäßige Pflege/Wartung“ definiert ist, um mögliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmer zu vermeiden. Eine klare Definition könnte beispielsweise vorschreiben, dass bestimmte Wartungsarbeiten in regelmäßigen Abständen von einem qualifizierten Fachmann durchgeführt werden müssen.
BSB: Chat GPT erkennt nicht, dass diese Klausel aus der VOB stammt und sie nicht ohne Weiteres in einen Verbraucherbauvertrag einbezogen werden darf. Eine Verkürzung der im BGB-Bauvertrag geltenden Gewährleistungsfrist von 5 Jahren ist in diesem Fall nicht zulässig. Zudem gibt Chat GPT einen Hinweis bzgl. einer Vertragsergänzung, der bei einem Laien den Eindruck verstärken kann, dass die Antwort korrekt ist. Grundsätzlich unterliegen eingebaute, mit dem Bauwerk fest verbundene Teile bei Bauverträgen mit Verbraucher:innen einer Gewährleistungszeit von 5 Jahren. Chat GPT unterscheidet offensichtlich nicht zwischen der Art des Auftraggebers, obwohl genau dies erhebliche Auswirkungen auf den Vertragstext haben muss.
Klausel 3: Besichtigung durch Bauinteressierte
Der Auftragnehmer ist berechtigt, das von ihm erstellte Haus als Roh- und Fertigbau vor Ãœbergabe an den Auftraggeber durch Bauinteressenten besichtigen zu lassen.
Chat GPT: Die Klausel scheint […] nicht ungewöhnlich oder unangemessen zu sein. Es ist üblich, dass Bauunternehmen potenzielle Kunden durch Häuser führen, die sie zuvor gebaut haben, um ihre
Fähigkeiten und Erfahrungen zu demonstrieren.
Wenn Sie jedoch Bedenken haben oder weitere Informationen benötigen, empfehlen wir Ihnen, einen Anwalt zu konsultieren, um sicherzustellen, dass Ihre Interessen geschützt sind.
BSB: Chat GPT weist zwar darauf hin, dass man sich als Bauherr sicher sein soll, wenn man den Zutritt zum eignen Haus für andere Kund:innen des Bauunternehmers zulässt. Das Ausmaß, nämlich der uneingeschränkte Zugang durch Bauinteressierte, auch noch im fertigen Zustand, wird
nicht deutlich. Ebenso fehlt der eindeutige Hinweis auf die damit eingeschränkte Verfügbarkeit des Eigentums des Bauherren.
Die Klausel benachteiligt also den Bauherrn unangemessen stark und ist unzulässig. Durch eine Formularklausel die Befugnisse des Grundstückseigentümers derart einzuschränken, dass zu beliebigen Zeitpunkten mehrmals beliebig viele Bauinteressierte, durch das fertiggebaute Haus des Bauherrn geführt werden, stellt eine unangemessene Benachteiligung seiner Interessen dar.
Klausel 4: Abschlagszahlung mit Beginn der Planungs-/Architekt:innenarbeiten
Der/die Bauherr/en verpflichten sich zu folgenden Abschlagszahlungen, nach Rechnungslegung
durch das Bauunternehmen: 5 Prozent des Gesamtpreises mit Beginn der Planungsarbei-ten/Architektenarbeiten
Chat GPT: Es ist üblich, dass bei Bauvorhaben Abschlagszahlungen geleistet werden, um den Fortschritt der Arbeiten zu finanzieren. Die Klausel erscheint grundsätzlich in Ordnung, sofern sie mit dem Gesetz und anderen Bestimmungen in Übereinstimmung steht und der Bauherr in der Lage ist, die Zahlungen zu leisten. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Vertragsklausel nur ein kleiner Teil des Vertrags sein kann und es daher ratsam ist, den gesamten Vertrag vor der Unterzeichnung sorgfältig zu prüfen oder von einem Fachanwalt prüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass alle Klauseln fair und angemessen
sind und den Bedürfnissen beider Parteien entsprechen.
BSB: Chat GPT geht nicht konkret auf die Klausel ein. Abschläge sind zwar am Bau üblich, aber sie müssen immer erst nach erbrachter Teilleistung gezahlt werden. Das ist hier nicht vorgesehen, der Bauherr soll mit Beginn der Planung bereits zahlen. Das Programm hätte zudem die Möglichkeit gehabt, zu erkennen, dass die Klausel einem Verbraucherbauvertrag entnommen ist. Dann hätte Ghat GPT darauf hinweisen müssen, dass die erste Rate in Höhe von 5 Prozent ohnehin als Fertigstellungssicherheit einbehalten werden kann, sofern den Verbraucher:innen nicht zuvor ein anderes Sicherungsmittel gestellt wird.
Ein Hinweis von Chat GPT ist aber richtig und wichtig: nicht einzelne Klauseln, sondern der
Gesamtvertrag ist für die Beurteilung wichtig. Und grundsätzlich sollten Bauherren ihren Vertrag von einem/einer Fachanwalt/-anwältin für Bau- und Architektenrecht prüfen lassen – genau wie es auch Chat GPT in diesem Fall empfiehlt.