Fernzugriff – verbotene Eigenmacht

Der Fernzugriff bietet der Automobilbranche zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, um Ansprüche durchzusetzen, ohne erst Gerichte zu bemühen.
Leasinggeber können eine im verleasten Fahrzeug eingebaute Wegfahrsperre aktivieren, wenn die vereinbarte Leasingrate nicht gezahlt wurde, die Wiederauflademöglichkeit der Batterie eines Elektroautos kann nach einer außerordentlichen Kündigung von fern gesperrt werden oder gewerbliche Verkäufer können das Fahrzeug über einen verbauten Smart Lock versperren, sofern der Fahrzeugmieter oder- halter/Eigentümer fällige Forderungen nicht begleicht .
Mit diesem Problem hat sich der BGH mit seinem Urteil vom 26.10.2022 (A XII 89/21) beschäftigt.
Diese Handlungsmöglichkeiten sind keine „Selbstjustiz“, denn an sich ist das Interesse des Vermieters/Verkäufers, die Nutzungsunterlassung zu erzwingen, nichts verwerfliches. Aber: wird per Fernzugriff die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges gegen den Willen des Besitzers unterbunden, liegt in dieser Handlung eine verbotene Eigenmacht i.S. von § 858 BGB vor.
Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Fernzugriff, die zu einer verbotenen Eigenmacht führt, ist unwirksam und als Rechtsfolge kann der Kunde zur Selbsthilfe greifen, die Sperre umgehen und Schlösser auswechseln. Die anfallenden Kosten und Schäden sind zu ersetzen( §§ 823 Abs. 2, 858 BGB).

Karl-Heinz Drach
Rechtsanwalt