Leider kommt es immer wieder vor, dass Regelungen in selbst errichteten Testamenten nicht eindeutig sind und daher zu langen Gerichtsverfahren führen.
So hatte das Brandenburgische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 22.02.2023 zum AZ: 3 W 31/22 über die Auslegung des folgenden Testamentes zu entscheiden:
„Für den Fall meines plötzlichen Ablebens, verschenke ich meinen Hausanteil an den Mitbesitzer des Hauses Herrn S. W.. C. S.“
Der im Testament benannte Mitbesitzer meinte Alleinerbe geworden zu sein, weil der Miteigentumsanteil am Hausgrundstück nahezu das gesamte Vermögen des Erblassers ausgemacht habe und beantragte einen entsprechenden Erbschein.
Der Sohn des Beklagten sah dies anders und wehrte sich gegen die beantragte Erbscheinserteilung.
Es folgte ein langer Rechtsstreit über mehrere Instanzen u.a. zur Auslegung der Worte „plötzlich“ und „verschenke“ sowie zu der Frage, ob überhaupt ein wirksames Testament vorliegt und ob ggf. von einer Erbeinsetzung oder der Zuwendung eines Vermächtnisses auszugehen sei.
Die Errichtung eines Testamentes sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Immerhin geht es meist um nicht unerhebliche Werte und weitreichende Folgen für alle Beteiligten.
Der o.g. Rechtsstreit hätte durch rechtlich eindeutige Formulierungen vermieden werden können.
Bei einer Testamentserrichtung sollten jedoch neben der Wortwahl auch stets die mit den getroffenen Regelungen verbundenen rechtlichen Folgen erkannt und abgewogen werden.
So sind insbesondere Pflichtteilsrechte und steuerliche Folgen der testamentarischen Regelungen zu berücksichtigen.
Auch sollten Bindungswirkungen von Ehegattentestamenten nicht unterschätzt werden.
Im o.g. Fall wurde der im Testament benannte Mitbesitzer letztlich als Alleinerbe des Erblassers anerkannt. Ihm wurde der beantragte Erbschein erteilt.
Der Ausgang derartiger Rechtsstreitigkeiten kann jedoch regelmäßig nicht vorhergesehen werden.
Um lange und kostenintensive Streitigkeiten sowie unerwünschte Überraschungen zu vermeiden, sollten Testament daher möglichst klar und eindeutig formuliert sowie stets erst nach juristischer Beratung errichtet werden.
Rechtsanwältin Kerstin Clemens
Fachanwältin für Erbrecht