Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.04.2016, 1 BvR 3309/13, eine Verfassungsbeschwerde einer im Jahre 1950 geborenen Frau abgewiesen, die gegen ihren mutmaßlich leiblichen Vater dessen fehlende Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung einschließlich der Duldung der Entnahme einer dafür geeigneten genetischen Probe ersetzen lassen wollte.
Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass es verfassungskonform ist, dass nach § 1598a BGB ein solcher Anspruch nur für den Vater, die Mutter oder das Kind innerhalb einer rechtlichen Familie, nicht jedoch für einen mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater besteht.
Es hat in seinem Urteil damit begründet, dass mehrere Grundrechte betroffen sind, wenn der vermeintlich leibliche Vater zur Durchführung einer außergerichtlichen Abstammungsklärung keine Zustimmung erteilt:
- Es ist sowohl sein Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre betroffen, geschlechtliche Beziehungen nicht offenbaren zu müssen, sondern auch dieses Recht der Mutter.
- Es ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des vermeintlich leiblichen Vaters betroffen, wenn er zur Durchführung einer genetischen Abstammungsuntersuchung und zur Entnahme einer genetischen Probe zwangsweise verpflichtet werden soll.
- Die Durchführung einer zwangsweisen genetischen Abstammungsuntersuchung kann dabei auch das geschützte Familienleben des betroffenen Mannes und seiner Familie beeinträchtigen, genauso wie das geschützte Familienleben der Mitglieder der bestehenden rechtlichen Familie des Kindes beeinträchtigt sein könnte.
- Es ist auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des rechtlichen Vaters in dessen Selbstverständnis, in einer Abstammungsbeziehung zu seinem Kind zu stehen, betroffen.
- Letztendlich muss eine hohe personelle Streubreite verhindert werden, wenn Abstammungsverfahren „ins Blaue“ hinein jederzeit erfolgen können.
Grundsätzlich kann ein Kind gemäß § 1600d BGB die Feststellung der Vaterschaft eines vermeintlich leiblichen Vaters gerichtlich beantragen und damit dessen mögliche leibliche Vaterschaft klären lassen. Wird seine Vaterschaft festgestellt, wird ein rechtliches Vater-Kind-Verhältnis einschließlich aller damit verbundenen wechselseitigen Rechte und Pflichten begründet.
In dem vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Fall war dies der beschwerdeführenden Frau deshalb nicht mehr möglich, weil sie nach damaligem Recht im Jahr 1954 mit ihrem Antrag auf „Feststellung blutmäßiger Abstammung“ gescheitert war und nunmehr keine Möglichkeit mehr hat, die Vaterschaftsfeststellung gerichtlich geltend machen zu können.
Wir wahren Ihr Recht
Bettina Israel
Fachanwältin für Familienrecht
angestellte Rechtsanwältin
Anwaltskanzlei Drach & Drach